Dienstag, 30. Januar 2018

30 Jahre Laufglück 1988-2018 - Was war, was ist, was bleibt: Auftakt zur Artikelserie (Update 23.01.2022)


17.05.2003 Zieleinlauf Rennsteiglauf 73,2 km Im Alter von 38 Jahren begeben wir uns 1988 auf einen Fußweg in die Welt des Ausdauerlaufs. Unsere Reise in dieser Welt ist nur begrenzt planbar und führt uns in immer wieder neue Räume, deren Existenz wir vor ihrem Betreten nicht vermuteten. Lauf-Events setzen ungeahnte Kräfte frei, vermitteln hoch emotionale Erlebnisse und lassen uns Lebensqualitäten spüren.
Nach dem Studium investieren wir zunächst Zeit und Kraft in berufliches Engagement. Sportlich sind wir nur an Wochenenden und während des Urlaubs akitv. Mit beruflicher Routine wachsen Räume, die für Sport genutzt werden könnten. Attraktivere Alternativen als körperliche Anstrengungen sind zu dieser Zeit Ruhe und Bequemlichkeit, solange wir nicht auf Reisen in einsamen Landschaften oder Bergregionen unterwegs sind. Dort stellen Fußgänger-Aktivitäten Anforderungen an Fitness und Ausdauer, die mit unsportlichem Lebensstil nicht harmonieren. Fehlende Fitness verdirbt Freude an Reiseerlebnissen. Wir lieben unseren Urlaubsstil. Um ihn nicht ändern zu müssen, entscheiden wir uns für Änderungen des Lebensstils.
Aus praktischen Gründen wählen wir Laufsport als Fitnessprogramm und lernen, dass Laufen mehr als Bewegung und Ortsänderung bedeutet. Bewegung ist ein universelles Naturprinzip. Organisches Leben nutzt Bewegung aktiv in verschiedenen Modalitäten: fliegen, schwimmen, kriechen, fließen, gleiten, rollen, schreiten, hüpfen, springen etc.. Evolutionär bildet sich ausdauerndes Laufen als spezifische Bewegungsart für Menschen heraus. Körperbau, Bewegungsapparat, Organe, Psyche und Metabolismus sind auf Ausdauerlauf abgestimmt.(1) Wissenschaftliche Aspekte sind Randthemen der Artikelserie 30 Jahre Laufglück. Primär hilft die eigene Laufbiographie zu verstehen, was wir über einen langen Zeitraum betrieben und geleistet haben, was unsere Motivation antrieb, wohin sie uns führte, wie das Alter ein Läuferleben modelliert. Lauf-Events ab 1988 in Bildern

Eigene Erfahrungen aus 30 Jahren Laufsport bilden keinen linearen Erlebnisstrom, sondern verlaufen eher in der Art einer weiten Kurve. Höhen und Tiefen verursachen Abweichungen von der Ideallinie einer Kurve. Auf dieser Flugbahn sind mittlerweile mehr als 100.000 km laufend und walkend zurückgelegt (inkl. Wettkämpfe, exkl. Wandertouren). Highlights dieser Strecke bilden 100 bzw. 102 unter Wettkampfbedingungen gefinishte (Ultra-) Marathons.(2,3)

Etappen, Höhepunkte und Tiefen dieser Reise in der Welt des Langstreckenlaufs betrachtet die Artikelserie ‚30 Jahre Laufglück’ in 7 Kapiteln.(4) Die Artikel benennen Belohnung und Preis von Langstreckenlauf als Bewegung und vermitteln, welche Motivationen einen vermeintlich unbequemen Weg attraktiv machen, welche Weichen zu stellen sind, welche Hürden zu überwinden sind, wie Schlüsselerlebnisse Entscheidungen beeinflussen, welche Wechselwirkungen zwischen Ausdauerlauf und internen psychologischen und neurophysiologischen Prozesse interagieren, wie Laufen das Leben modelliert.(5)
  1. 30 Jahre Laufglück - Was war 1987/88: Wie alles begann, als wir Läufer wurden
  2. Laufglück 1.0 - Was war 1988-1995: Upgrade vom Couch-Potato zum Runner
  3. Laufglück 2.0 - Was war 1996-1999: Never stay - Runner forever
  4. Laufglück 3.0 - Was war 2000-2004: Marathon und mehr - Running into the great wide open
  5. Laufglück 4.0 - Was war 2005-2010: Lektionen der Bescheidenheit - What goes up must come down (coming soon)
  6. Laufglück 5.0 - Was war, was ist 2011-2018: Downgrade vom Runner zum Walker (coming soon)

Den Abschluss der Artikelserie bildet ein 3-teiliger Post, der Fragen nach Laufglück oder Laufsucht nachgeht:


Anmerkungen

  1. Ohne die Frage aufwerfen zu wollen, welche Zusammenhänge zwischen adaptiven evolutionären Prozessen von Natur und Kultur zu vermuten sind, lässt sich konstatieren, dass kulturelle Prozesse Einfluss ausüben auf den Lebensstil von Menschen und auf die Art und Weise menschlicher Bewegung. Kulturelle Prozesse bewirken in relativ kurzen Entwicklungszeiträumen eine erhebliche Ausdehnung menschlicher Lebenserwartung und verändern Morbiditätsrisiken. Durch kulturelle Einflüsse entstehen neue Morbiditätsrisiken, sog. Zivilisationskrankheiten.
    Zivilisationskrankheiten sind auf gesundheitsgefährdende Umweltfaktoren und Lebensstile zurückzuführen. Individuell haben wir auf Umweltfaktoren nur marginal und auf Stressfaktoren nur begrenzt Einfluss. Dagegen unterliegen Ernährung und Bewegung überwiegend unserer eigenen Kontrolle. Mit diesen Verhaltensparametern können wir viel für unsere Gesundheit bewirken, aber ein hoher Anteil aller Menschen nutzt diese Chancen nicht oder in nicht ausreichendem Umfang und begründet diese Sachverhalte mit erfundenen Prioritäten und Ausreden. Menschen unseres Kulturraums haben überwiegend das Laufen verlernt oder aufgeben und lehnen mitunter sogar Laufen als unsinnig ab. Ohne Not vermeiden sie sogar schlichtes Gehen, nutzen Aufzüge anstatt Treppen, legen selbst kurze Wege motorisiert zurück, verbringen in ihrer Freizeit Stunden sitzend vor dem Fernsehgerät, liegen auf der Couch, am Pool, am Strand. Erholung i.S. von Regeneration ist notwendig nach großen Anstrengungen. Wer gelegentlich mit Pflege, Komfort, Schonung sein Wohlbefinden verbessert (als 'Wellness' bezeichnet, wenn Geld fließt), muss kein schlechtes Gewissen haben. Als generelles Konzept bewirkt 'Erholung' jedoch das Gegenteil von 'Stärkung', nämlich nachhaltige 'Schwächung'. Folgen sind bekannt: Zivilisationskrankheiten, die teilweise selbst verschuldet sind, immense Summen Geld kosten und mit Verlusten an Lebensqualität einhergehen. Gesundheitsausgaben betrugen in Deutschland im Jahr 2015 344,2 Milliarden Euro bzw. 4.213 Euro je Einwohner. Dies entspricht einem Anteil von 11,3 % des Bruttoinlandproduktes. Im Vergleich zu 2014 stiegen die Gesundheitsausgaben um 15,0 Milliarden Euro oder 4,5 %. Damit nahmen die Gesundheitsausgaben das vierte Jahr in Folge stärker zu als das Bruttoinlandsprodukt.
    Quelle: Pressemitteilung Nr. 061 des Statistischen Bundesamtes vom 21.02.2017
  2. Seit Beginn unseres Lauftrainings führen wir ein Trainingstagebuch und kennen daher den Umfang einzelner Trainingseinheiten und deren Aufsummierung pro Woche, Monat, Jahr. Die Summe aller Laufdistanzen ist größer als der doppelte Erdumfang (ca. 40.073 km am Äquator).  
  3. Aufstellung unserer regulär beendeten Läufe unter Wettkampfbedingungen auf Marathon- und Ultra-Distanzen: 100 Marathonliste - 102 Marathonliste
  4. Soweit Fotos zu unseren Lauf-Events verfügbar sind, bieten sie ab 1989 jahrgangsweise Rückblicke in Form von Diashow-Clips. Zusätzlich sind zu erwähnten Lauf-Events Berichte und Fotoserien verlinkt. Älteres Fotomaterial resultiert aus der Digitalisierung von Papierabzügen, Dia-Positiven oder Film-Negativen und erfüllt keine Ansprüche an zeitgemäße Digitalfotografie. 
  5. Das letzte Kapitel (Warum macht Sport glücklich und mitunter unglücklich?) betrachtet (sozial-) psychologische, neuro-physiologische und sozialpolitische Aspekte. Fragen dieser Art lassen sich nicht mit singulären Faktoren beantworten. Wir treffen auf Bündel von Faktoren, die abhängig vom Kontext in verschiedenen Kombinationen wirken können.
    Hinsichtlich des oft vermuteten 'Suchtfaktors' von Ausdauerlauf sei vorab angemerkt, dass
    das sog. Runner's High nur selten auftritt und darum vielfach überbewertet wird. Bedeutender ist der sog. Flow, den das Erklärungs-Standardmodell als Wechselwirkungen zwischen psychologischen und neurophysiologischen Prozessen annimmt, durch die ein intrinsisches Belohnungssystems aktiviert wird. Das Modell macht verständlich, warum Menschen, die laufen oder auch anderen scheinbar sinnlosen Betätigungen nachgehen, Freude empfinden.

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